Hüfte schwingen leicht gemacht?

Im vergangenen Monat hat sich meine Mutter eine Hüftoperation unterzogen und ein künstliches Gelenk eingesetzt bekommen.
Als externer Beobachter des Genesungsprozesses und als Analytiker komme ich nicht drum herum die ganze Sache kritisch zu diskutieren.


Alles gut gegangen!

Das will man sowohl als Betroffener als auch als Angehöriger hören, wann immer “tiefe” medizinische Eingriffe vollzogen werden.
Dass das Attribut “gut” aber im Auge des Betrachters liegt, sollte man dabei aber nicht vergessen.

Nachdem bei einer Krankenzimmergenossin die Operation zwar gut verlaufen war, dieser aber kurz danach der Knochen zersplittert ist und damit an ganzer Berg an Komplikationen anstand, war Mama’s Stimmung durchaus von Sorge geprägt.

Man kann nie ausschließen, dass das Einsetzen neuer Gelenke (oder anderer Organe) schief geht.

Zum Glück war dem in unserem Fall aber nicht so, die Operation verlief gut und auch die erste Nachuntersuchung brachte positive Resultate.

Doch wegen der jahrelangen körperlichen Fehlstellung auf Grund des schlechten Gelenkes, hatten sich Muskeln verkürzt und mussten während der OP stark gedehnt werden um den Eingriff überhaupt erst durchführen zu können.

Und das bedeutet dann: Schmerzen, Schmerzen und noch mehr Schmerzen. Das sind die “Kleinigkeiten”, über die man zwar aufgeklärt wird, die man aber als unwahrscheinlich abtut und ignoriert.

Ärgerlich ist dann aber, wenn das Pflegepersonal - unaufgeklärt über den Zustand - die Schmerzbekundung als unnötiges Lamentieren abtut.
Empfehlung an Pflegekräfte: Erst mal davon ausgehen, dass wenn über Schmerzen geklagt wird, diese auch tatsächlich da sind und kein Wunsch nach Aufmerksamkeit sind!

Dass dann ausgerechnet im Krankenhaus der Zugang zur Toilette nicht Rollator-gerecht gebaut ist, sollte man den Architekten und Innenausstattern ebenso rückmelden. Mir ist schon klar, dass beim Bau von Gebäuden nicht immer schon alles im Vorhinein bekannt sein kann … dennoch sollte hier die Devise sein: Lieber 10 cm mehr Platz zwischen Tür und Toilette freilassen, damit man auch mit Gehbehinderung einigermaßen zurecht kommt.

Behindert ist man nicht, behindert wird man!

Viel interessanter wird es dann aber nach einer Woche Spital bei der Entlassung:
Das Krankenhaus überreicht dabei ein paar Zettel mit täglich zu machenden Übungen um den Heilungsprozess zu fördern.
Der behandelnde Arzt und Operateur sagt dazu jedoch in der Nachbesprechung:

Machen Sie auf keinen Fall eine der Übungen, die im Krankenhaus empfohlen wurden, die sind Gift für die Genesung. Versuchen Sie nur mehrmals am Tag normal zu gehen.

OK … das wäre in meiner Welt zu vergleichen mit:
Ich: “Ich habe einen neuen Laptop, was nun?”
Techniker 1: “Schließen Sie sofort eine externe Maus an!”
Techniker 2: “Schließen auf gar keinen Fall eine externe Maus an!”

Hmm … wer hat jetzt also recht? Was soll ich tun, fragt man sich.
Natürlich glaubt man dem behandelnden Arzt mehr, als der überreichten Broschüre, aber es bleiben schon ein paar Fragezeichen zurück, wenn zwei sich gegenseitig ausschließende “Lösungen” empfohlen werden.

Zuhause angekommen läuft es dann auch bei Weitem nicht so reibungslos, wie man sich das vorgestellt hat … oder wie es Bekannte geschildert haben, die einen solchen Eingriff schon miterlebt hatten.

Aus:

Die ersten zwei Wochen braucht man Betreuung, dann geht schon alles von selbst.

werden eher 6 - 8 Wochen, in denen es unverantwortlich ist, einen Menschen in diesem Zustand alleine zu lassen. Ja natürlich, ein gesunder junger Mensch mag sich nach so einem Eingriff (wenn er den überhaupt braucht) vermutlich schneller regenerieren, aber bei Personen der Gruppe 60+ kommen viele Kleinigkeiten dann schwerer zu tragen.

Hier hätte ich mir erwartet, dass auch von Seiten der Ärzte bzw. des Krankenhauses der Worst-Case beschrieben wird, damit man sich darauf einstellen kann und nicht in Erwartung des Best-Case Szenarios glaubt, dass alles in ein paar Tagen wieder gut ist.

Fazit

Am Ende muss ich allerdings schon die Wunder der heutigen Medizin würdigen. Ja, ein paar Dinge hätte man wirklich besser abklären und vorbereiten können, aber dennoch freue ich mich melden zu können, dass Mama jeden Tag mit kleinen Fortschritten ihre neue Hüfte besser unter Kontrolle bekommt.

Es wird wohl noch einiges an Zeit vergehen, bis “alles” endgültig wieder gut ist, doch dafür wird sie mit der neuen Hüfte hoffentlich noch zahlreiche Jahre mobil und selbstversorgend bleiben. … denn es ist kein Spaß, wenn einem jeder Schritt Scherzen bereitet, so wie das die Jahre zuvor bereits war.