Star Trek: Discovery Staffel 4

Mit der 4.Staffel von Star Trek: Discovery hatten mich die Macher, Netflix und Paramount schwer verärgert, denn wenige Tage vor dem Beginn des Ausstrahlung wurde verkündet, dass die Serie gar nicht im europäischen Raum verfügbar sein würde.

Doch … nach sehr viel Kritik … entschied man sich doch noch auf pluto.tv jede Woche eine Episode zu zeigen.

Und so kam ich letztlich doch in den Genuss, die neueste Star Trek Produktion (ganz ohne Tricks) mitverfolgen zu können.


Das “Discovery-Problem”, nämlich dass mit diesem Zauber-Raumschiff alle galaktischen Probleme gelöst werden können, an denen alle anderen scheitern, durchzieht wie erwartet auch die neueste Staffel.

Waren Kirk, Picard, Sisko und Janeway vor 20 Jahren immer wie Figuren in einem Schachspiel, die nur “in ihrer Ecke” aufräumen konnten, hat die USS Discovery mit ihrem Sporenantrieb einen Joker im Ärmel, der scheinbar immer alles ändern kann.

Ich gebe aber zu, dass ich dieses “neue StarTrek” mit jeder Staffel besser akzeptieren und die Nostalgiebrille leichter abnehmen kann, um die Intention der Story aufnehmen zu können.

Star Trek Discovery 4

Achtung Spoiler

Hatte die Discovery in Staffel 3 die “zerbrochene” Föderation wiedervereint, musste nun eine neue galaktische Bedrohung her, die natürlich prompt auftauchte. Ein destruktives Phänomen taucht auf, und zerstört jedes Sonnensystem in seiner Umgebung, löscht binnen Sekunden Milliarden von Leben aus …. und ganz wichtig:
Jeden kann es als nächstes treffen.

Neben (aus meiner Sicht zu viel) Herzschmerz und anderen privaten Details der Crew, erkennt man schnell:

Hier haben wir es mit einer überlegenen Technologie zu tun.
Eine maschinell eingeleitete Apokalypse eine unbekannten Spezies, die allen anderen bekannten Lebensformen haushoch überlegen zu sein scheint.

Hier kommt nun wieder ein bisschen Deep Space 9 Feeling auf, wenn die “Politik” endlich mal realistisch zu diskutieren beginnt und fragt:

Sollen wir versuchen zu kommunizieren, oder sollen wir “dem Angriff” mit härtesten Gegenmaßnahmen begegnen?

Und so schreitet Episode für Episode die Divergenz voran, zwei Meinungen, die nicht vereinbar sind, ziehen unterschiedliche Charaktere auf ihre Seite und “interne Konflikte” gedeihen.

Ein paar Bröckchen Fan-Service

Wenn eine neue Schiffswerft “Archer” getauft wird und die Melodie von Star Trek: Enterprise läuft, wenn Boronit erwähnt wird, oder Isolytische Waffen oder die große Barriere durchquert werden muss, dann weiß jeder eingefleischte Fan, dass das nur eingebaut wurde, um die alten Hasen bei Laune zu halten.

Hier würde ich auch mit der “technischen Kritik” starten, denn wenn mit Boronit die gefürchteten Omega-Moleküle hergestellt werden können, die “alle anderen Prioritäten” in Star Trek: Voyager aufheben haben lassen, dann war das in Discovery nur eine beiläufige Bemerkung, a la:

Ach sieh mal, die sammeln Boronit.

Und wenn ein Captain Kirk in seiner aller ersten Folge die “große Barriere” streift und sich gleich zwei seiner Leute in Gott-gleiche Wesen weiterentwickeln, dann verstehe ich nicht, wie die Discovery einfach so in einer Quanten-Seifenblase da ohne Seiteneffekte durchtreiben kann.

Aber genug davon … ganz so “kanonisch” war der Star Trek Kanon ja nie.

Viel zu viel für meinen Geschmack war der andauernde Herzschmerz zwischen den Figuren, die sich nur all zu schnell von ihren Gefühlen übermannen lassen … aber das scheint offenbar heute “normal” zu sein.

Raubbau, Gier und Egoismus

Man muss tatsächlich bis zur letzten Folge warten um zu lernen, dass die angerichtete Zerstörung nur ein “umweltschädlicher” Nebeneffekt eines “Erzabbaus” war.
Die geheimnisvolle Spezies “10-C” öffnet also wahlfrei Wurmlöcher in unsere Galaxie um wertvolle Materialien für ihre Energiegewinnung absaugen zu können.
Noch besser: Um ihr eigenes Sonnensystem mit einem Energiefeld umgeben zu können um vom Rest der Welt “sicher zu sein”.

Also … wenn da keine Kapitalismus- und Gesellschaftskritik drinnen war, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.

Und offenbar brauchen wir genau das.

Wir sehen jeden Tag, wie wir Menschen “unbewusst” unsere Welt zerstören, nur um irgend ein egoistisches Luxusziel zu erreichen und gar nicht mehr fähig sind zu erkennen, was wir dabei anrichten.
Wissenschaftler, die uns die Wahrheit sagen wollen, erklären wir zu Lügner und Jugendlichen, die für eine bessere Welt demonstrieren, wird Faulheit vorgeworfen, wenn sie einmal nicht brav vor dem Schreibtisch sitzen.

Während Star Trek in den 1960ern mit banalen “schwarz-weiß” Masken den Rassismus erst “sichtbar” machen musste, brauchen wir heute offenbar auch erst eine andere Spezies, die “versehentlich” die Welt zerstört, um vielleicht mal ein bisschen darüber nachzudenken, dass wir selbst diese böswilligen Außerirdischen sind, die den Planeten mit Füßen treten.

Fazit

Ich hatte damit nicht gerechnet, aber es ist mir in den letzten Minuten der letzten Folge nicht gelungen, ein Tränchen zurückzuhalten.

Als nach dem Sieg der Diplomatie über die Waffen, die Präsidentin der Erde die wichtigen Worte spricht:

Es gibt nichts zu diskutieren.
Die Erde ist bereit der Föderation wieder beizutreten.
Und nichts könnte mich glücklicher machen, als diese Worte zu sagen.

[ Youtube Video Link ]

Ja, so ein Ende wünsche ich mir, für unsere reale Welt … selbst wenn es wie hier mit kitschigen Kamerafahrten und Chorstimmen im Hintergrund gespickt ist.
Eine Welt, in der Trump’s Mauern immer noch in vielen Köpfen verharren und in denen sowjetische Autokraten mit Atomsprengköpfen liebäugeln.

Ich wette, es wird eine Menge Stimmen im Netz geben, die jetzt alles Negative an den Figuren und der Story durch den Kakao ziehen werden.
Und in 10 Jahren wird man (so wie bei allen Star Trek Serien) diese Abbildung der aktuellen Probleme in die ScFi-Welt als “visionär” loben.

Ich jedenfalls bin dem Team und der Besetzung von Star Trek: Discovery dankbar, dass sie uns endlich wieder ein Bild der Hoffnung präsentiert haben, dem wir ideologisch folgen können.

Ich hatte besonders am Beginn und am Ende der Staffel ein ungewöhnlich tiefes Verständnis für den Inhalt. Vielleicht sehe ich es in ein paar Jahren wieder ganz anders, weil es doch zu plump war, aber aktuell kann ich Star Trek - wie so oft schon - einfach nur empfehlen.