Kalter Krieg

Wenn es in Wien +5 Grad hat, hat es oben im Waldviertel etwa 5 Grad weniger und vielleicht schneit es dort sogar. Früher hatten wir auch schon mal -15 Grad. Unter +20 Grad lässt meine Heizung die Temperatur in der Wohnung jedenfalls nicht fallen.

Aber … es soll tausende Menschen geben, in deren Häuser Löcher gebombt wurden. Wie warm wird denen jetzt sein?


Ich habe das Privileg in einer Firma zu arbeiten, in der - hier in Wien - ein Russe, ein Weißrusse und ein Ukrainer zusammenarbeiten. Alle sind sie echt “gute Jungs” und halten unsere Controller Hardware und Software am Laufen, finden Fehler und beheben sie.

Und trotz mancher Unterschiede funktioniert das sehr gut.
Es gibt kein physikalisches Gesetz, keine Naturkonstante, die die Menschen zum Krieg zwingt. Und trotzdem vergehen keine 10 Jahre, in denen es auf der Erde einmal “ruhig” zugegangen wäre.

Ich sitze in der gut beheizten Wohnung und kann über den Sinn des Lebens nachdenken … doch 1000 km weiter östlich haben die Menschen ein solches Privileg nicht.

Wie kann es eigentlich sein, dass in einer Welt, in der noch nie so viel kommuniziert wurde wie heute, so effektiv an einander vorbeigeredet wurde, wodurch am Ende die Waffen sprechen müssen?

Vielleicht kommunizieren wir gar nicht, sondern reden nur sinnfrei in den Äther hinein.
In der Technik wäre das Problem schnell gefunden:

Jeder Sender braucht einen Empfänger … und umgekehrt.

Wir haben auf den “Empfänger” vergessen.
Wir hören nicht mehr zu.
Und nichts kann einen wütender machen, als wenn man feststellt, dass einem keiner mehr zuhört.

Es sind nicht nur

  • die Priester, die von der Kanzel aus predigen, die nicht zuhören.
  • die Politiker, die nur Reden schwingen und nicht zuhören.
  • die Youtuber, die sich nur selbst reden hören wollen, die nicht zuhören.
  • die Twitterer, die nur auffallen wollen und nicht zuhören.

Es sind wir alle.
Auch mich hat es nicht gekümmert, was X km entfernt passiert, obwohl seit 2014 die Krise am Köcheln war.

Was kann man tun?

Tja … Spenden hilft vielleicht das Schlimmste abzuwenden, und wir alle können es uns leisten … wir müssen es nur wollen.

Aber noch wichtiger ist, dass wir den eigenen moralischen Kompass wieder in Gang bekommen und das Gemeinwohl priorisieren, anstatt täglich über eigene Befindlichkeiten zu jammern.

Ich saß neulich im Bus und beobachtete den Alltagsrassismus (ein furchtbarer Begriff). Jederzeit hätte ich aufstehen können und mit wenigen Worten die Situation zu deeskalieren versuchen können.
Aber ich tat es nicht. Schließlich war ich nicht darauf vorbereitet … und es war ja auch nicht meine Angelegenheit, wenn sich zwei Fremde beflegeln.
Und wieder wurde eine weitere giftige Menge CO2 ausgestoßen, die nur Hass erzeugt hat. Und es hätte vielleicht nur so wenig gefehlt, um es verhindern zu können.

Also nehme ich mir das mal als Vorsatz, dass ich mir ein paar Sätze überlege, die man da sagen kann, und beim nächsten Mal tue ich etwas, anstatt nur im Nachhinein halbklug darüber zu berichten.

Und ich hoffe, dass das mehr Menschen versuchen zu tun. Denn wenn jeder “seine Straße sauber hält”, dann können auch die Mächtigen nicht mehr so einfach das Land verdrecken, indem sie Nachbarn bewaffnet auf die Straße hetzen.

Ich wünsche mir für alle Menschen in der Ukraine, genau so wie die unschuldig zum Kriegsdienst gezwungenen Russen, dass sie nächstes Jahr zu Weihnachten in der warmen Stube sitzen und ins lodernde Kaminfeuer schauen können, anstatt einen kalten Krieg befeuern zu müssen.

In diesem Sinne:

Ein frohes Weihnachtsfest …
… hoffentlich nächstes Jahr.