Ich und Linux

Ende der 90er gingen einige PC-Zeitschriften dazu über, ihren Heft-CDs eigene kleine Linux-Distributionen beizulegen.

Und als ich meinen 586er bekam, wurde der 486er für diverse Experimente frei, unter anderem auch für eine Linux Installation.


Das war damals bei weitem nicht so ein Spaß wie heute, da schöne graphische Tools fehlten. Ich erinnere mich noch, wie ich mit dem Text-basiertem fdisk durch Angabe von “Blöcken” (mir damals unbekannt) mehrere Versuche brauchte, um die Festplatte auf die Installation vorzubereiten.

Immer wieder musste ich zu DOS zurückwechseln um dort mit mir bekannten Tools festzustellen, was ich zuvor angerichtet hatte.

Und als die Installation endlich einmal funktioniert hatte, ging es darum, den X11-Server für die GUI manuell einzurichten.
Zwar gab es einen Artikel in der besagten PC-Zeitschrift, doch war das Setup bei jeder Grafikkarte etwas anders und eine falsche Einstellung führte zu einem Farbstreifen-Konzert auf dem Röhrenmonitor, wenn man die falschen Abtastfrequenzen für die Auflösung eingetippt hatte.

Es blieb daher beim Experiment und ich wechselte recht schnell wieder zum vertrauten Windows zurück.

Doch eine Erkenntnis blieb mir damals positiv in Erinnerung: Auf dem genannten 486 war es “ruckelfrei” möglich unter der Linux-GUI (X11) einen SNES Emulator zu betreiben.
Und das war mit Windows auf der gleichen Maschine nicht möglich.
Offenbar schaffte Linux auf dem exakt gleichen Gerät einiges mehr aus der Hardware zu holen.

Anfang 2003 lernte ich dann durch einen Kollegen Linux neu kennen. Inzwischen gab es Paket-Manager, die auch (halbwegs) funktionierten und meine eingesetzte Hardware wurde einigermaßen automatisch erkannt. Es war also kein Glücksspiel mit Text-Einstellungen mehr erforderlich um ein Fenster auf den Schirm zu zaubern.

Und durch so geniale Tools wie webmin lernte ich Linux als Server-System lieben. Mein damals alter Pentium II bekam den Namen Overlord und wurde mit der RedHat Distribution zum DNS-, DHCP-, eMail-, MySQL- und PHP- Web-Server.
Und als nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Samba auch noch ein Linux-als-NT-4-Domain-Controller dazu kam, war Linux für mich fast nicht mehr wegzudenken.

Am Ende lagen meine Daten auf Linux-Netzlaufwerken, alle Webzugriffe liefen über den Squid-Proxy, Homepage-Entwicklung fand direkt auf Apache-2 mit PHP-4 statt. E-Mails wurden automatisch aus dem Netz in lokale Zwischenmailboxen geholt und über sendmail wieder hinausgeschossen.

… kurz gesagt es war eine echt tolle Zeit.

Hätte mich mein beruflicher Werdegang nicht zum Microsoft Active Directory geführt, wo ich mit den dortigen Programmierschnittstellen noch wesentlich mehr Spaß gehabt hatte als unter Linux, würde wahrscheinlich noch heute bei mir alles über ein Linux System laufen.

2007, damals frisch vermählt mit C++, startete ich den ersten zaghaften Versuch, nativ unter Linux zu programmieren. Doch gerade wegen der vielen unterschiedlichen Bibliotheken, die ähnlich aber eben nicht gleich waren und der Tatsache, dass jede Linux-Distribution etwas anders aufgebaut war, war es unmöglich “eine Software” zu entwickeln, die - so wie unter Windows - auf mehreren Versionen lief.

Und damit war auch die Wirtschaftlichkeit der Entwicklung unter Linux für mich leider nicht gegeben.

Doch in den folgenden Jahren, angefangen mit dem erste GATE-Projekt, blieb Linux für mich stets eine aktive Plattform und ein essentielles Konzept-Gegenstück zur Windows-Welt.

Und als mit dem Raspberry PI eine ganz neue Welt der Kleincomputer entstand, rückte Linux wieder mehr in meinen Mittelpunkt. Ich liebe es einfach, dass man einen ganzen Computer über USB mit Strom versorgen kann, der per Kamera zur Überwachung taugt, oder IoT Projekte verwalten kann. Und hier kann Windows in Sachen Performance einfach nicht mit.

Seit der Einführung des Linux-Subsystems von Windows 10 sitze ich zwar ausschließlich wieder vor Windows-Geräten, aber freue mich, dass es endlich eine vollständige Möglichkeit gibt, die Vorteile beider Welten, nämlich Linux und Windows, zu vereinen.

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Wenn sich eine triviale Erkenntnis mit Dummheit in der Interpretation paart, dann gibt es in der Regel Kollateralschäden in der Anwendung.
frei zitiert nach A. Van der Bellen
... also dann paaren wir mal eine komplexe Erkenntnis mit Klugheit in der Interpretation!