
PowerQuest Partition Magic
« | 26 May 2024 | »Es war wieder mal eine Heft-CD, die mich mit einer der wichtigsten Software-Lösungen in den 90ern zusammenbrachte.
PQMagic war der ultimative Partitions-Manager, der mich damals in die Lage versetzte mehrere Betriebssysteme parallel installieren zu können.
Partitionen sind eine “gefährliche” Sache. Verkackt man sie, ist alles weg.
Meinen erster größeren Datenverlust verdanke ich Linux und einer falsch abgetippten Zahl beim manuellen Verändern der Partitionstabelle. Das muss so im Jahr 1998 gewesen sein, als die ersten Linux-Distros auf den berühmten Magazin-Heft-CDs auch mich hinter den 7 Bergen erreichten.
In der DOS und
Windows Welt gab es
damals eine Regel:
Es kann nur ein OS geben.
Und deshalb konnten Tools wie fdisk
unter DOS auch nur genau eine
primäre Partition mit Boot-Flag anlegen und alles weitere waren
“logische Laufwerke” auf der erweiterten (nicht boot-baren) Partition.
Eine kleine Ausnahme gab es: Wer ein
Windows NT 4 auf einer
primären Partition installierte und das Dateisystem auf NTFS konvertierte,
konnte im NT Festplatten-Tool weitere primäre FAT-Partitionen anlegen und
sogar das Boot-Flag auf diese setzen.
So konnte man dann wieder von DOS-Diskette starten und auf der 2. primären
Partition DOS oder Windows 3x/9x installieren, denn diese erkannten NTFS
nicht und so konnte man auch per fdisk
zwischen diesen Systemen per
Bootflag hin- und her-schalten.
Aber eigentlich war es erst Linux, das mich auf die Idee brachte, auf
einem PC mehr als ein OS zu installieren.
… bis ich es verkackt hatte … und Linux lange dafür hasste.
Und dann kam endlich die Heft-CD mit dem Tool, das alles veränderte:
PowerQuest Partition Magic
oder kurz pqmagic.exe
PQMagic, ein DOS Tool im Windows Look
Mich fasziniert bis heute, dass sich jemand die Mühe gemacht hat das volle Look&Feel von Windows 95 in einer DOS-Anwendung im 640x480 VGA Modus nachzustellen. Denn das Fenster, das Menü und die Buttons sehen wirklich fast exakt so aus, als wären sie mit der WinAPI gezeichnet worden.
Viel wichtiger war aber, dass PQMagic
eine grafische Oberfläche für
Partitionen, einige Sicherheits-Checks und bis dato unbekannte Features
bereitstellte.
Mehrere primäre Partition
Endlich konnte man auf einer Festplatte mehrere Partition anlegen und
sogar FAT16 und FAT32 Dateisystem aufsetzen.
Damit sich mehrere parallele Windows oder DOS Installation nicht gegenseitig
störten, wurde die Funktion Versteckte Partition
eingeführt, womit eine
FAT Partition einfach einen unbekannten Partitions-Typ zugewiesen bekam
und damit von DOS und Windows nicht mehr erkannt wurde.
Per PQMagic
konnte man dann beim Wechsel des Boot-Flags die versteckte
Partition wieder in eine sichtbare umwandeln und die andere dann verstecken.
Anpassung der Größe
Das wichtigste Feature war jedoch die Änderung der Größe einer Partition und des Dateisystems. Und damit ist nicht einfach nur die Anpassung der Grenzen gemeint, sondern eine vollständige Restrukturierung des Dateisystems, wenn dies notwendig war.
FAT nutzt Cluster, die bei
größeren Kapazitäten ebenso größer werden müssen, um mit 16-bit Indizes
addressiert werden zu können.
Wer eine 500 MB Partition mit einer 8KB Clustergröße um 100 MB vergrößern
wollte, war mit der 512MB-Grenze gezwungen auf 16KB Cluster zu wechseln.
Dafür musste jede einzelne Datei in neue Cluster zusammengefasst werden,
was bei der üblichen Fragmentierung ein vollständiges Neuschreiben von
allen Daten notwendig machte.
Und genau diesen Job erledigte PQMagic
bei mir immer fehlerfrei und ohne
Datenverlust.
Auch heutige Tools in Windows, die Laufwerksgrößen anpassen können, tun
dies nur in den Dimensionen, wo sie keine bestehenden Daten verändern müssen.
PQMagic
konnte also schon damals wesentlich mehr.
Ein Sonderfall war dann hier auch noch die Konvertierung von FAT16
zu FAT32
und umgekehrt. Das neue FAT32
, welches mit Windows 95b und Win98 eingeführt
wurde konnte wieder von NT4 nicht erkannt werden und anstatt jetzt Daten bei
der falschen Dateisystemwahl hin- und herzukopieren, konnte PQMagic
mit
einer Konvertierung das Problem viel eleganter lösen (so lange die 2GB Grenze
nicht überschritten wurde).
Verschiebung, Backups und Spezialfälle
Auch das Verschieben von Partitionen und allen enthaltenen Daten war mit diesem Tool erstmals möglich. Wer bestehende Partitionen in der Größe anpasste, hatte dann auch großes Interesse entstandene Lücken aufzufüllen.
Und wer eine zweite größere Festplatte gekauft hatte, konnte PQMagic
für das effiziente Kopieren aller Daten auf das neue Medium einsetzen.
Auch dem System unbekannte Dateisysteme wie NTFS
oder ext2
konnten
so Byte für Byte gespiegelt werden.
Und für die Bit-Hacker gab es dann auch noch Tools zum Anpassen der
FAT
-Stammverzeichnisgröße. Diese wird beim Formatieren auf einen festen Wert
gesetzt und kann beim Erreichen dieser Grenze dann keine neuen Dateien oder
Unterverzeichnisse mehr behandeln … außer man nutzt PQMagic
.
Die Prüfung auf fehlerhafte Sektoren hört sich neben den anderen genialen Features dann schon fast trivial an.
Fazit
PQMagic
ermöglichte mir den Multiboot von allen Microsoft-Betriebssystemen
auf einer Festplatte viele Jahre bevor dies von Microsoft vorgesehen war.
Und da alle Aktionen per UI “deppensicher” durchgeführt wurden, konnte man
auch gar keine falschen Werte eintippen, die eine Partition zerstört hätte,
so wie es mir mit Linux erging.
(OK, den Partition-Löschen Befehl mit Sicherheitsfrage mal ausgenommen.)
Es war vermutlich auch dieses Werkzeug und mein zuvor erlittener Fehlschlag,
der mich damals lehrte, dass gute Software anwenderfreundlich und
fehlerabweisend geschrieben sein muss.
Heute ist diese Erkenntnis auch in Linux angekommen und hat seinen heutigen
Erfolg ermöglicht.
PQMagic
hat aber weiter einen besonderen Platz in meinem Retro-Herzen und
bekommt auf meinen Pocket386-Laptop
und in QEMU Images wieder neue Aufgaben.