PowerQuest Partition Magic

Es war wieder mal eine Heft-CD, die mich mit einer der wichtigsten Software-Lösungen in den 90ern zusammenbrachte.

PQMagic war der ultimative Partitions-Manager, der mich damals in die Lage versetzte mehrere Betriebssysteme parallel installieren zu können.


Partitionen sind eine “gefährliche” Sache. Verkackt man sie, ist alles weg.

Meinen erster größeren Datenverlust verdanke ich Linux und einer falsch abgetippten Zahl beim manuellen Verändern der Partitionstabelle. Das muss so im Jahr 1998 gewesen sein, als die ersten Linux-Distros auf den berühmten Magazin-Heft-CDs auch mich hinter den 7 Bergen erreichten.

In der DOS und Windows Welt gab es damals eine Regel:
Es kann nur ein OS geben.
Und deshalb konnten Tools wie fdisk unter DOS auch nur genau eine primäre Partition mit Boot-Flag anlegen und alles weitere waren “logische Laufwerke” auf der erweiterten (nicht boot-baren) Partition.

Eine kleine Ausnahme gab es: Wer ein Windows NT 4 auf einer primären Partition installierte und das Dateisystem auf NTFS konvertierte, konnte im NT Festplatten-Tool weitere primäre FAT-Partitionen anlegen und sogar das Boot-Flag auf diese setzen.
So konnte man dann wieder von DOS-Diskette starten und auf der 2. primären Partition DOS oder Windows 3x/9x installieren, denn diese erkannten NTFS nicht und so konnte man auch per fdisk zwischen diesen Systemen per Bootflag hin- und her-schalten.

Aber eigentlich war es erst Linux, das mich auf die Idee brachte, auf einem PC mehr als ein OS zu installieren.
… bis ich es verkackt hatte … und Linux lange dafür hasste.

Und dann kam endlich die Heft-CD mit dem Tool, das alles veränderte: PowerQuest Partition Magic oder kurz pqmagic.exe

DOS Program PQMagic 4

PQMagic, ein DOS Tool im Windows Look

Mich fasziniert bis heute, dass sich jemand die Mühe gemacht hat das volle Look&Feel von Windows 95 in einer DOS-Anwendung im 640x480 VGA Modus nachzustellen. Denn das Fenster, das Menü und die Buttons sehen wirklich fast exakt so aus, als wären sie mit der WinAPI gezeichnet worden.

Viel wichtiger war aber, dass PQMagic eine grafische Oberfläche für Partitionen, einige Sicherheits-Checks und bis dato unbekannte Features bereitstellte.

Mehrere primäre Partition

Endlich konnte man auf einer Festplatte mehrere Partition anlegen und sogar FAT16 und FAT32 Dateisystem aufsetzen.
Damit sich mehrere parallele Windows oder DOS Installation nicht gegenseitig störten, wurde die Funktion Versteckte Partition eingeführt, womit eine FAT Partition einfach einen unbekannten Partitions-Typ zugewiesen bekam und damit von DOS und Windows nicht mehr erkannt wurde.

Per PQMagic konnte man dann beim Wechsel des Boot-Flags die versteckte Partition wieder in eine sichtbare umwandeln und die andere dann verstecken.

Anpassung der Größe

Das wichtigste Feature war jedoch die Änderung der Größe einer Partition und des Dateisystems. Und damit ist nicht einfach nur die Anpassung der Grenzen gemeint, sondern eine vollständige Restrukturierung des Dateisystems, wenn dies notwendig war.

FAT nutzt Cluster, die bei größeren Kapazitäten ebenso größer werden müssen, um mit 16-bit Indizes addressiert werden zu können.
Wer eine 500 MB Partition mit einer 8KB Clustergröße um 100 MB vergrößern wollte, war mit der 512MB-Grenze gezwungen auf 16KB Cluster zu wechseln. Dafür musste jede einzelne Datei in neue Cluster zusammengefasst werden, was bei der üblichen Fragmentierung ein vollständiges Neuschreiben von allen Daten notwendig machte.

Und genau diesen Job erledigte PQMagic bei mir immer fehlerfrei und ohne Datenverlust.
Auch heutige Tools in Windows, die Laufwerksgrößen anpassen können, tun dies nur in den Dimensionen, wo sie keine bestehenden Daten verändern müssen. PQMagic konnte also schon damals wesentlich mehr.

Ein Sonderfall war dann hier auch noch die Konvertierung von FAT16 zu FAT32 und umgekehrt. Das neue FAT32, welches mit Windows 95b und Win98 eingeführt wurde konnte wieder von NT4 nicht erkannt werden und anstatt jetzt Daten bei der falschen Dateisystemwahl hin- und herzukopieren, konnte PQMagic mit einer Konvertierung das Problem viel eleganter lösen (so lange die 2GB Grenze nicht überschritten wurde).

Verschiebung, Backups und Spezialfälle

Auch das Verschieben von Partitionen und allen enthaltenen Daten war mit diesem Tool erstmals möglich. Wer bestehende Partitionen in der Größe anpasste, hatte dann auch großes Interesse entstandene Lücken aufzufüllen.

Und wer eine zweite größere Festplatte gekauft hatte, konnte PQMagic für das effiziente Kopieren aller Daten auf das neue Medium einsetzen. Auch dem System unbekannte Dateisysteme wie NTFS oder ext2 konnten so Byte für Byte gespiegelt werden.

Und für die Bit-Hacker gab es dann auch noch Tools zum Anpassen der FAT-Stammverzeichnisgröße. Diese wird beim Formatieren auf einen festen Wert gesetzt und kann beim Erreichen dieser Grenze dann keine neuen Dateien oder Unterverzeichnisse mehr behandeln … außer man nutzt PQMagic.

Die Prüfung auf fehlerhafte Sektoren hört sich neben den anderen genialen Features dann schon fast trivial an.

Fazit

PQMagic ermöglichte mir den Multiboot von allen Microsoft-Betriebssystemen auf einer Festplatte viele Jahre bevor dies von Microsoft vorgesehen war. Und da alle Aktionen per UI “deppensicher” durchgeführt wurden, konnte man auch gar keine falschen Werte eintippen, die eine Partition zerstört hätte, so wie es mir mit Linux erging.
(OK, den Partition-Löschen Befehl mit Sicherheitsfrage mal ausgenommen.)

Es war vermutlich auch dieses Werkzeug und mein zuvor erlittener Fehlschlag, der mich damals lehrte, dass gute Software anwenderfreundlich und fehlerabweisend geschrieben sein muss.
Heute ist diese Erkenntnis auch in Linux angekommen und hat seinen heutigen Erfolg ermöglicht.

PQMagic hat aber weiter einen besonderen Platz in meinem Retro-Herzen und bekommt auf meinen Pocket386-Laptop und in QEMU Images wieder neue Aufgaben.

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Wenn sich eine triviale Erkenntnis mit Dummheit in der Interpretation paart, dann gibt es in der Regel Kollateralschäden in der Anwendung.
frei zitiert nach A. Van der Bellen
... also dann paaren wir mal eine komplexe Erkenntnis mit Klugheit in der Interpretation!